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Brauchtum im Ermland

Christliche Feiertage

Sitten und Brauchtum waren im Ermland vorwiegend kirchlich bestimmt. Nur wenig ist aus vor Christlicher Zeit noch als Aberglaube in manchen Bräuchen erhalten geblieben. Forschungen über das Brauchtum in Ostpreußen hat Prof. Riemann durchgeführt und die Ergebnisse in seinem Werk "Ostpreußisches Volkstum" dargestellt:

In der Adventszeit wurde beim Schein einer Kerze der Familie der Rosenkranz gebetet. Dabei bete der Vater oder die Mutter vor. Dies geschah den Abend vor dem Schlafengehen. Wie überall in Deutschland wurde am Abend vor m Fest der Geburt Christi, dem Heiligen Abend, Familienkreis gefeiert. Schon am frühen Nachttag wurde im Haus und in den Ställen alles "beschickt". Wo Kinder im Hause waren, erwarteten sie mit Spannung am Abend den "Höllge Chröst" mit Gefolge, dem Schimmelreiter auf einem Steckenpferd, dem Storch als Vogel aus Holz oder Pappe und dem Mohren, die mit Kuhglockengeläut vor der Haustür erschienen, von den Eltern aus der Nachbarschaft bestellt. Den Kindern hielt der Höllge Christ ihre Unarten vor und griff dann eh schon mal zur Rute; aber auch die guten Taten hob er lobend hervor und belohnte sie mit Schokolade, Äpfeln und Zuckergebäck, so dass doch schließlich alles in Harmonie endete. Am Schluß erhielt die Gruppe vom Hausherrn noch einen Abschiedstrunk. Danach erfolgte die ersehnte Bescherung unter dem mit bunten Papierketten, Kugeln und Kerzen geschmückten Tannenbaum. Eine Krippe mit den Figuren der am Geschehen beteiligten Menschen und Tiere war nur in der Kirche aufgestellt. Die Geschenke, mit denen Kinder und Gesinde überrascht wurden, waren einfach und praktisch nützlich. Ein sehr sinniger Brauch zum Fest, an dem sich die Liebe Gottes offenbarte, bestand darin, dass die Bauern die Kinder mit einem Korb voll Eiern, Wurst, Speck und Streusselkuchen zu den ärmeren Leuten ins Dorf schickten.

Um 1925 kam der Brauch auf, die erste Weihnachtsmesse als Mitternachtsmesse zu feiern. Meist war die Landschaft um diese Zeit mit tiefem Schnee bedeckt. Wenn dann die Schlitten mit Laternen und Schellengeläut am Pferdegeschirr die Bauernfamilien von allen Seiten zum Kirchdorf fuhren, so war das ein unvergeßliches Erlebnis.

Zum Jahresausklang versammelte sich die Dorfgemeinde zur Jahresschlußandacht in der Kirche. Es wurden die kirchlichen Ereignisse im Laufe des Jahres, wie Eheschließungen, Taufen usw., statistisch zusammengefaßt, bekannt gegeben und von allen Gläubigen Gott für das vergangene Jahr gedankt und um Segen für das neue Jahr gebetet. In den letzten Stunden des alten Jahres setzten sich die Nachbarn vielfach zur Unterhaltung bei Kaffee, Streusselkuchen und frischer Leberwurst zusammen und begrüßten das neue Jahr mit einem Punsch.

Am Fest der Heiligen Drei Könige, der Weisen aus dem Morgenland, Caspar, Melchior und Balthasar, schrieb der Bauer oder die Bäuerin mit geweihter Kreide ihre Anfangsbuchstaben und die Jahreszahl, jeweils durch Kreuze getrennt, an die Haus- und Stalltüren. Die Buchstaben werden auch als Segensspruch gedeutet: Christus mansionem benedicat, - Christus segne die Wohnung (mit ihren Bewohnern).

In den Wintermonaten, wenn die Feldarbeit ruhte, zogen die Männer in den Wald, um ihn zu lichten und Bau- und Brennholz für den nächsten Winter zu schlagen. Das Bauholz wurde zur Schneidemühle gefahren und das Brennholz erwärmte die Männer in der frostigen Luft beim Zerkleinern und Aufschichten zum Trocknen. Die Frauen und Mädchen saßen dann in der großen Stube und spannen Wolle und Flachs oder webten für den "Beschnitt" Aussteuerleinwand für die Töchter, und die in der Wirtschaft beschäftigten Leute, Plunderstoff zu Arbeitshosen u.a. Dabei wurde erzählt und gesungen, so dass auch die Winterzeit ihre Kurzweil hatte.

Am Fastnachtstag duftete es im ganzen Haus nach "Schmoltkielke'. Am Aschermittwoch begann die strenge Fastenzeit, das hieß für die bäuerliche Küche statt Fleisch Fisch auf den Tisch. Dazu lieferte die Eisfischerei auf dem See frischen Fisch und eine Heringstonne Salzheringe zu den Mahlzeiten. Am Karfreitag ging der Bauer oder die Bäuerin durch die Wirtschaftsgebäude und besprengte sie und die Ackergeräte mit Weihwasser, um damit den Segen für die ganze Landwirtschaft zu erbitten. Am ersten Ostertag war es eine verbreitete Sitte, das Ostermus (Klunkermus) mit gekochten Eiern auf den Tisch zu bringen, wobei die Eier mit Zwiebelschalen gefärbt wurden.

Ein von Kindern geübter Brauch war das "Schmakkostern". Gruppen von Kindern kamen mit vorgegrünten Birkenzweigen an die Haustür und schlugen mit den Zweigen um die Füße der öffnenden Person und sprachen dabei: "Poa Eia, Stück Speck, ea gehn wia nich weck".

Wenn zur Auferstehungsmesse um 5.00 Uhr gefahren wurde, und nach dem Gottesdienst die Sonne aufgegangen war, schaute man durch ein Nadelloch in einem Stück Papier in die Sonne, um das Oster1amm zu sehen. Manche glaubten, es wirklich gesehen zu haben.

Zum Pfingstfest wurden nach dem Hausputz die Eingangstür und die Wohnung mit frischen Birkenreisern geschmückt als Ausdruck der Freude über den Frühling, und wenn schon der Flieder im Garten blühte, was bei einer späten Lage des Festes im Kalender möglich war, dann schmückten Fliedersträuße die Tische im Haus.

Nach der Aussaat hing das Gedeihen der Saaten nach dem Glauben der katholischen Ermländer zu1etzt vom Segen Gottes ab. So bat man ihn in den Bittprozessionen an den drei Tagen vor Christi Himmelfahrt um seinen Segen für ein gutes Wachstum der Saaten und Bewahrung vor Frost und Hagel; denn von einer guten Ernte hing die Existenz ihrer Familien ab. Dieselbe Ehrfurcht wie gegenüber der Saat brachte die Hausfrau auch dem selbstgebackenen Brot entgegen, wenn sie vor dem Anschnitt dieses mit drei Kreuzen auf der flachen Seite bezeichnete. Ein Erntedankfest wurde mit einem feierlichen Gottesdienst in der ersten Oktoberwoche begangen. Danach vergnügte sich alles Volk bei einer weltlichen Feier mit Musik und Tanz.

Die Hochzeitsfeier

Hochzeitstermine wurden in Zeiten geringer landwirtschaftlicher Arbeit gelegt, wobei beachtet wurde, dass in der Advents- und Fastenzeit keine aufwendigen Festlichkeiten veranstaltet werden sollten. Wegen des Fasttages am Freitag verlegte man die Hochzeitsfeierlichkeiten auf einen der ersten drei Tage der Woche.

In früheren Zeiten war eine Heirat weniger auf die Erfüllung der Liebesbeziehung zwischen den Geschlechtern ausgerichtet, als vielmehr auf die Frage nach einer guten "Partie". Im Volksmund hieß es: "Jöld mut to Jöld". Manchmal kam es zu einem regelrechten Handel zwischen den Eltern des Paares. War man sich einig, dann reichten sich der junge Mann und die Junge Frau die Hand und damit war die Verlobung, der "Verspruch", vollzogen. Darauf folgte meist die Überreichung eines. Geschenkes und des Ringes an die Braut. Umgehend wurde das "Aufgebot" beim Standesbeamten und beim Pfarrer bestellt. Um eventuelle Ehehindernisse aufzudecken, hing der Standesbeamte das Aufgebot in den Gemeindeschaukasten, und an drei aufeinander folgenden Sonntagen vermeldete auch der Pfarrer, die Absicht der Brautleute zu heiraten, von der Kanzel.

Die Hochzeitsfeier wurde nach der kirchlichen Trauung im Elternhaus der Braut gefeiert. Früher lud ein "Hochzeitsbitter" die Gäste ein, indem er hoch zu Roß in festlicher Kleidung auf den Hof ritt und in Versen die Einladung aussprach. Schon Tage vor dem angesetzten Termin wurde geschlachtet, eine Köchin kam ins Haus und traf alle nötigen Vorbereitungen. Die eingeladenen Nachbarn steuerten Eier und Butter zum Backen bei. Den Abschied vom Junggesellenstand feierten die Brautleute mit den Nachbarn am "Polterabend", an dem viel altes, unbrauchbares Geschirr vor der Haustür auf dem Boden zertrümmert wurde. Der Volksmund meint: "Je mehr Scherben, desto mehr Glück im Eheleben"; oder es könnte auch nach einem anderen Sprichwort eine Mahnung sein: "Glück und Glas, wie leicht zerbricht doch das!"

Dann kam der ersehnte Tag der Trauung. Vorher hatte der Pfarrer die Brautleute zum "Brautexamen" eingeladen, und der Standesbeamte den amtlichen Trauungsakt vollzogen. Zur angesetzten kirchlichen Trauung, meist um 10 Uhr, setzte sich vom Elternhaus der Braut aus ein langer Zug von Kutschen mit den Gästen in Bewegung, am Ende der Wagen des Brautpaares.

 

Viele Neugierige säumten den Weg im Dort zur Kirche. In das feierliche Brautamt war das Eheversprechen der Brautleute vor dem Pfarrer, den Trauzeugen und der anwesenden Gemeinde eingeschlossen, und so auch die sakramentale Eheschließung vollzogen. Nach der Messe nahm das Brautpaar die ersten Glückwünsche entgegen. Dann ging es zurück auf den väterlichen Hof. Dabei fuhr die Hochzeitskutsche an der Spitze des Zuges. Auf dem Hof wurden die Neuvermählten und die Gäste jeweils mit einem Tusch der Blaskapelle empfangen. Dann begann ein fröhliches Fest. Am Mittagstisch nahm das Brautpaar einen umkränzten Ehrenplatz ein. Während des üppigen Mahles wurde zwischen den einzelnen Gängen die Hochzeitszeitung verlesen und Lieder gesungen. Unterhaltung, Spiel und Spaziergänge, "Hof besahne"- und eine Kaffeetafel füllten den Nachmittag aus. Nach dem Abendessen spielte eine Musikkapelle zum Tanz auf. Um Mitternacht wurde der Schleier der Braut abgelegt und ihr dafür ,ein Häubchen aufgesetzt. Der Bräutigam erhielt Zipfelmütze und Pfeife als die Insignien seines neuen Standes. Das Ganze wurde in einer lustigen Zeremonie vollzogen. Dann lief das Fest in Fröhlichkeit weiter bis in die frühen Morgenstunden. Zur Erinnerung und Auffrischung der Erlebnisse des Hochzeitstages feierten die Nachbarn mit den Hochzeitsfamilien die sogenannte "Schlorrehochzeit".

Taufe und Tod

Kinder wurden von ihren Eltern als Segen Gottes angenommen. War ein kleines Wesen meist mit Hilfe einer Hebamme zur Welt gekommen, dann fuhr der Vater ins Kirchspiel, um das Neugeborene beim Pfarrer und Standesbeamten "anschreiben" zu lassen. Bei der Wahl der Vornamens musste ein Heiligenname dabei sein. Die Tauffeierlichkeiten wurden im Volksmund "Kloatsch" genannt. Die Mutter war bei der Taufe in der Kirche nicht dabei, denn das neugeborene Kind wurde früher wenige Tage nach der Geburt getauft. Die Paten beim ersten Kind wurden gewöhnlich aus dem Kreis der Großeltern gewählt und bei den nachfolgenden Kindern dann aus der Verwandtschaft oder Nachbarschaft. Allgemein hießen sie "Patenonkel" oder "Patentante". Zur Taufe fuhren sie mit dem Kutschwagen, meist am Sonntagnachmittag, begleitet, von den engeren Angehörigen, zur Kirche. Nach der Rückkehr gab es im kleinen Familienkreis Kaffee und Kuchen und natürlich wurde der neue Erdenbürger noch tüchtig "begossen". Etwa sechs Wochen später wurde die Mutter wieder "in die Kirche eingeführt" dazu wartete sie in der Turmhalle bis der Pfarrer sie mit brennender Kerze abholte.

Lag ein Familienmitglied im Sterben, so wurde der Pfarrer an das Krankenbett gerufen, um ihm vor der Schwelle zur Ewigkeit die Sterbesakramente (Beichte, Kommunion und Krankensalbung) zu spenden. Außer der Beichte nahmen alle Familienangehörigen daran teil. Starb der Kranke, so wurde symbolisch die Uhr angehalten. Der Tote blieb aufgebahrt in einem verdunkelten Zimmer bis zum Tag der Beisetzung im Haus. An seiner Bahre beteten die Familie und die Nachbarn den Rosenkranz und die Totengebete. Am Beerdigungstag wurde der Tote in der Kirche aufgebahrt und in einem Requiem für sein Seelenheil gebetet. Nach der "Aussegnung" wurde der Sarg mit der sterblichen Hülle im Trauerzug zum nahegelegenen Friedhof gebracht und dort beigesetzt. Je nach Stand und Ansehen gab es damals drei Formen kirchlicher Beerdigungen:

1. Den Vollkondukt: Dabei hielt der Pfarrer mit Assistenz ein feierliches, gesungenes Requiem und der Tote wurde mit den Kirchenfahnen im Trauerzug zu Grabe getragen.

2. Den Halbkondukt: Der Pfarrer feierte das Requiem und ein einfacher Trauerzug brachte den Toten zur letzten Ruhestätte.

3. Die einfache Grablegung mit Totenmesse und anschließender Beisetzung mit Vortragekreuz.

Nach der kirchlichen Beerdigung lud die Familie die Trauergemeinde zum "Zerm" ein, um die Trauernden aufzumuntern in dem Sinn, dass das Leben für sie weitergeht und der Alltag mit seinen Pflichten sie wieder fordert. Manchmal wurde dabei zuviel des Guten getan, so dass das Trauermahl zum Zechgelage ausartete.

 

Aus dem geschilderten Brauchtum ist die enge Verbundenheit der Menschen mit der Kirche und dem Ablauf der Jahreszeiten in der Natur, sowie der Menschen untereinander deutlich geworden. Ob alt oder jung, ob arm oder reich, ob hoch oder niedrig gestellt, die Menschen im Kirchspiel bildeten eine Arbeits- und Schicksalsgemeinschaft